Die Erzählungen aus Tausendundeine Nacht sind keine Kindermärchen. Ganz im Gegenteil – dabei handelte es sich ursprünglich um lustvolle Geschichten, die zur Prinzenerziehung ganz und gar ungeignet waren (nach as-Suli; + 947). Dies beweist beispielsweise die Übersetzung von Claudia Ott:
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Die Hintergründe von Tausendundeine Nacht
Bei vielen Geschichten von Tausendundeine Nacht handelt es sich um Erzählungen aus Indien, die über das Persische schließlich im Arabischen gelandet sind. Manche Geschichten sind schon 2000 Jahre alt.
Die Konzeption zur Geschichtensammlung Tausendundeine Nacht kommt jedoch nicht aus Indien, sondern aus Persien. Hier wurden zum ersten Mal Geschichten in eine Rahmenhandlung eingebettet. Ursprünglich war von 1000 Abenteuern die Rede.
Im 10. Jahrhundert erwähnt ein arabischer Schriftsteller, dass es im Persischen ein Werk namens 1000 Abenteuergeschichten gibt, das im Arabischen den Namen 1000 Nächte angenommen hat. Die Geschichten sind also aus dem Mittelpersischen in das Arabische übernommen worden.
Ein arabischer Buchhändler, der um das Jahr 987 gelebt hat, bezeugt, dass es mehrere vollständige Versionen davon gegeben hat. Wann die 1001. Nacht hinzugekommen ist, lässt sich heute nicht mehr feststellen.
Geografisches in Tausendundeine Nacht
Die Geschichten spielen an ganz verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten. So ist am Anfang zum Beispiel die Rede davon ist, dass die Geschichten in der Inselwelt von China und Indien, zur Zeit der Sassaniden spielen. Diese persische Dynastie hat im 3.-7. Jahrhundert in Persien regiert. Viele der Namen der Rahmengeschichte stammen tatsächlich aus dem Persischen: Shahrazad bedeutet „Glanzgeborene“; Dinarzad „Goldgeborene“; Shahrajar Macht-Haber.
Ein großer Teil der Geschichten spielt jedoch in späterer Zeit, da unter anderem der Kalif Harun ar-Raschid (+809) erwähnt wird. Möglicherweise stammen einige Geschichten über Harun ar-Raschid schon aus persischer oder indischer Zeit. Um für die Zeitgenossen interessanter zu machen, wandelten die Gechichtenerzähler die Herrschernamen jedoch einfach ab.
Es werden auch neuere Errungenschaften der Menschheit wie Tabak, Kaffee oder Gewehre erwähnt.
Die Handschriften von Tausendundeine Nacht
Es gibt keine feste Sammlung von Tausendundeine Nacht, sondern verschiedene Versionen. Die älteste Version ist die sogenannte Galland-Handschrift, benannt nach einem französischen Orientalisten, der diese Handschrift erwarb und übersetzte. Sie wurde von ihm 1717 veröffentlicht. Diese Version kann jedoch nicht die Ursprüngliche sein, da Persönlichkeiten bis zur Mamlukenzeit (1250-1517) erwähnt werden. Das bedeutet also, dass bestehende Geschichten neu hinzukamen oder Namen bedeutender Persönlichkeiten durch akutellere Akteuere ersetzt wurden. Datiert wird die Galland-Handschrift aus der Zeit zwischen 1430 bis 1500. Dies konnte aus Randnotizen geschlossen werden.
Allerdings brach die Schrift nach der 282. Nacht plötzlich ab. Galland erfuhr, dass es ursprünglich 1001 Nächte gab. Er recherchierte, fand aber die Fortsetzung nicht. Vielleicht brach auch die Vorgängerversion schon bei dieser Nacht ab. In Syrien wurde nämlich eine weitere Handschrift aus der selben Zeit gefunden, die an der selben Stelle endet.
Deswegen sammelte er andere orientalische Geschichten, die er in sein Werk einfügte und unter dem Titel 1001 Nacht im Jahre 1717 veröffentlichte. Dabei waren die bekannten Geschichten von Sindbad, Ali Baba und Aladin. Diese gehörten ursprünglich wohl nicht in den Kontext von 1001 Nacht. Um sein Werk an den Geschmack der Zeit anzupassen, entschärfte Galland manche Stellen, die ihm wohl zu erotisch schienen.
Als die Galland-Handschrift 1841 vom Orientalisten Gustav Weil aus dem Arabischen ins Deutsche übersetzt wurde, eroberte 1001 Nacht auch Deutschland im Sturm und löste eine wahre Orientmanie aus.
Moderne Übersetzungen von Tausendundeine Nacht
Tausendundeine Nacht fasziniert nach wie vor. Seit kurzem ist eine neue Übersetzung von Dr. Claudia Ott auf dem Markt. Sie hat die ursprüngliche Galland-Handschrift, die 1984 von Muhsin Mahdi zum ersten Mal in Ägypten auf Arabisch herausgegeben wurde, übersetzt. Im Gegensatz zu der bekannten deutschen Fassung wurde hier nichts entschärft und Frau Ott hat alles daran gesetzt, das Original in möglichst authentischer und verständlicher Weise wiederzugeben.
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Stil von Tausendundeine Nacht
Tausendundeine Nacht besitzt keinen einheitlichen Stil. Vieles ist in Reimprosa geschrieben, anderes in schlichter Erzählsprache. Das Werk enthält religiöse Legenden und Gedichte. Immer wieder gibt es Einschübe „Der Erzähler spricht oder der Überlieferer erzählt.“ Dadurch soll sich der Leser so fühlen, als höre er die Geschichte von einem professionellen Erzähler. Die mündliche Weitergabe spielte im arabischen Raum lange eine große Rolle und sollte wohl auch bei Tausendundeine Nacht wiedergegeben werden. Stellenweise wird in klassischem Hocharabisch, teilweise in derbem Dialekt erzählt. Die Länge der einzelnen Nächte ist ebenfalls unterschiedlich.
Die Rolle von Tausendundeine Nacht im Orient
Die Geschichten wurden sicherlich den Publikumswünschen angepasst. Für die Herrscher waren Geschichten über das tägliche leben der Untertanen eine Informationsquelle, während die Armen von der Pracht der Mächtigen träumten.
Tausendundeine Nacht galt jedoch niemals als Literatur, sondern als Jugendgefährung und zur Prinzenerziehung nicht geeignet (nach as-Suli; + 947). Es wurde zwar auch von gebildeten Lesern nicht verschmäht, diese bewahrten es aber oft an versteckten Plätzen auf oder liehen es sich nur aus. Vermutlich hatten die wenigsten eine vollständige Ausgabe; es waren vor allem Einzelbände im Umlauf. Im 17.-19. Jahrhundert gehörte das Werk zum Repertoire arabischer Berufserzähler und war vor allem in Männerkreisen bekannt. Frauen erzählten zum Teil auch Geschichten daraus, wussten aber oft nichts von der Sammlung Tausendundeine Nacht.
Im Westen machte Tausendundeine Nacht einen großen Bedeutungswandel durch – von der jugendgefährenden Schrift wandelte es sich zum Kindermärchen. In der arabischen Welt ist 1001 Nacht durch die Begeisterung des Abendlandes nicht mehr so anrüchig wie es einmal war – so gab es beispielsweise in Syrien vor einigen Jahren im Ramadan TV-Serien, die Geschichten aus Tausendundeine Nacht wiedergaben.
Quellen:
Claudia Ott: Tausendundeine Nacht. München, 2004
Projekt Gutenberg: Gustav Weil – 1001 Nacht, 1865
Weblink: http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=3070&kapitel=1#gb_found
1001 Nacht für Erwachsene – die gebundene Ausgabe der Übersetzung von Claudia Ott