Fast verhungert – eine dramatische Beinahe-Katastrophe aus meinem Hundeleben.
Ich hatte Hunger. Also nicht einfach ein bisschen Appetit – nein, echten, tiefen, nagenden Hunger. So einen, bei dem hund fast die Pfoten zittern und kaum noch atmen kann, weil der Magen so laut knurrt, dass hund sich fragt, ob das vielleicht schon das Sterben ist.
Aber ich bin höflich und zurückhaltend. Ich sage ja nicht gleich “Füttere mich, Frauchen, sofort!” – ich warte. Dezent. Erst lag ich still im Körbchen und starrte sie an. Ganz intensiv. Mit meinen besten Telepathiefähigkeiten.
Doch Frauchen starrte einfach weiter auf diesen leuchtenden Kasten. Kein Blick für mich. Kein Napf in Sicht.
Ich setzte noch ein bisschen Gedanken-Power drauf. Fraaaaaaucheeeeeeen! Kiiiiiikiii…hat…Huuuungerrrr…
Nichts.
Bis sie schließlich den Kopf hob und sagte: “Warum schaust du mich so an?”
Sie ist manchmal wirklich schwer von Begriff … Ach, was sag ich – manchmal???
Und dann sprach sie doch die magischen Worte. „Hast du Hunger?“
Endlich! Natürlich hatte ich Hunger! Warum merkt sie sowas nie von selbst?
Ich sprang auf und trabte erwartungsvoll in den Flur.
“Geh ruhig vor”, sagte sie, doch ich bin ja höflich, und machte ihr Platz – für den Fall, dass ein gefährlicher Wolf vor dem Kühlschank lauert. Hund weiß ja nie …
Frauchen ging also in die Küche, nahm eine Dose, öffnete sie (oh, dieser Klang – Musik in meinen Ohren!) schaufelte das Futter in meinen Napf und stellte ihn mir hin.
Und dann … der Schock.
Die Bröckchen!
Viel. Zu. Groß!
Wie sollte ich denn so essen? Ich konnte sie nicht einfach aus dem Napf holen, nein – ich musste sie einzeln auf den Boden legen und dort feinsäuberlich zerkleinern. Nur: Das mochte Frauchen nicht. Sie schimpfte dann mit mir: „Kiki! Nicht schon wieder das Futter überall verteilen!“
Ich erstarrte. Ich konnte also nicht essen.
Ich würde sterben. Hier, vor meinem vollen Napf.
Frauchen seufzte tief. „Sind die Bröckchen wieder zu groß? Warte.“
Sie holte einen Löffel, zerdrückte sie, stellte mir den Napf wieder hin – und dann …
GING SIE!
Einfach so!
Mich, das schwache, hungernde Hundekind, allein in der Küche!
Was, wenn ein Monster kam? Oder die Spülmaschine plötzlich lebendig wurde? Ich konnte mich doch nicht verteidigen, während ich kaute!
Ich lief panisch hinterher – aber die Wohnzimmertür war nur einen Spalt offen. Zu eng für mich! Traurig seufzend legte ich mich auf den Teppich im Flur.
Dort wartete ich. Langsam schwand meine Kraft. Ich war dem Hungertod nahe.
Da öffnete Frauchen die Wohnzimmertür.
„Oh nein, hab ich die Tür nicht weit genug aufgemacht? Kannst du sie nicht mit der Nase aufstoßen? Bei der Schlafzimmertür klappt das doch!“
Ja, bei der Schlafzimmertür schon – aber das hier war anders. Ganz anders.
„Gut“, seufzte sie. „Hast du aufgegessen?“
Wir gingen zusammen in die Küche.
Sie sah in den Napf.
Leer? Natürlich nicht. Ich war ja beinahe gestorben!
„Kiki, du hast nichts gegessen. Warum?“
Ja, warum wohl, Rabenfrauchen? Doch ich blickte sie nur mit meinen traurigsten Augen an.
„Okay“, sagte sie sanft. „Ich bleibe in der Küche und passe auf, während du frisst.“
Endlich!, dachte ich. Aber dann fiel mir ein: Ich mag es gar nicht, wenn sie mich dabei anschaut.
Immerhin hat Frauchen das mittlerweile erkannt. „Gut“, seufzte sie. „Dann räume ich ein bisschen auf.“
Sie raschelte mit einer Tüte. Mein Herz machte einen Sprung. War das – ein Leckerli?
Nein. Nur Müll. Aber ich behielt sie genau im Auge, für den Fall der Fälle …
„Kiki, friss dein Futter“, sagte sie und machte sich an der Spülmaschine zu schaffen.
Das war mein Moment. Sie war da, beschützte mich, aber beobachtete mich nicht.
Ich stürzte mich auf meinen Napf. Und fraß. Und fraß. Und fraß.
Bis nur noch ein letztes Stück übrig blieb – zu groß, natürlich. Ich sah sie flehend an.
Sie nahm ein Messer, teilte es in zwei, und endlich … endlich konnte ich alles aufessen.
Ich leckte den Napf blank. Überlebt. Ganz knapp.
Dann durfte ich ins Wohnzimmer zurückkehren – schwach, aber satt.
Es war eine gefährliche Situation gewesen. Ich, Kiki, hatte dem Tod ins Auge geblickt.
Aber ich hatte es geschafft.
Aber nur knapp.
Fast wäre ich vor meinem vollen Napf verhungert.
