Ich erzähl dir mal, wie ich beinahe mein Pfötchen verloren hätte. Also wirklich – beinahe!
Ich war erst ein paar Wochen bei Frauchen. Es war kalt an diesem Morgen. So richtig kalt. Das Eis glitzerte überall, der Wind zwickte in die Nase, und Frauchen meinte, es wäre „romantisch winterlich“. Ich fand es einfach nur rutschig. Der Bahnsteig war frisch gestreut, und überall knirschte es unter meinen Pfoten.
Dann passierte es.
Ich trat auf etwas Spitzes.
Ein Stein! Ein winzig kleiner, aber gefühlt schärfer als jedes Schwert! Der Schmerz durchzuckte mich wie ein Blitz. Ich jaulte auf, warf mich vor Schmerzen heulend auf den Rücken und streckte mein armes Pfötchen in die Luft. Ich war mir ganz sicher: Das war’s. Mein Pfötchen! Für immer verloren! Nie wieder laufen, nie wieder rennen, nie wieder Katzen jagen!
Frauchen seufzte. „Oh je, armes Kuku! Hast du dich verletzt? Wir gehen wohl besser zum Tierarzt. Warte, ich trage dich.“
Tragen.
Dieses Wort allein ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Frauchen trägt nämlich… sagen wir mal… nicht besonders elegant. Beim letzten Mal hing ich halb kopfüber, mit der Nase in ihrer Jacke, und sie stolperte fast über ihre eigenen Füße.
Also sprang ich – natürlich rein instinktiv und aus reinem Überlebenswillen – auf, landete auf allen Vieren und lief los. Der Schmerz? Weg! Einfach verschwunden! Das Pfötchen? Völlig in Ordnung. Vielleicht ein kleines Wunderpfötchen jetzt. Oder einfach ein Beweis, dass ich eine tapfere Heldin bin.
Nach dem Schock von damals habe ich aber dazugelernt. Mittlerweile werfe ich mich nicht mehr auf den Rücken, wenn ich diesen unerträglichen Schmerz spüre, weil sich ein spitzes Steinchen in meinen Ballen bohrt: ich fiepe nur tapfer und humple dreibeinig weiter, bis Frauchen “Sitz” zu mir sagt, mein Pfötchen streichelt und mir ein Leckerli gibt. Dann setzen nämlich spontan meine Selbstheilungskräfte ein und danach ist alles wieder gut.
Das war ich bei einer meiner ersten Wanderungen mit Frauchen.

