Der Koran legitimisiert Gewalt in der Ehe: nach Sure 4, Vers 34 ist das Schlagen der Ehefrau ausdrücklich erlaubt:
„Die Männer stehen über den Frauen, weil Gott sie (von Natur vor diesen) ausgezeichnet hat und wegen der Ausgaben, die sie von ihrem Vermögen (als Morgengabe für die Frauen?) gemacht haben. Und die rechtschaffenen Frauen sind (Gott) demütig ergeben und geben acht auf das, was (den Außenstehenden) verborgen ist…Und wenn ihr fürchtet, daß (irgendwelche) Frauen sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie! Wenn sie euch (daraufhin wieder) gehorchen, dann unternehmt (weiter) nichts gegen sie!“
(Sure 4, Vers 34: Übersetzung: Rudi Paret)
Der Vers scheint klar. Der Mann darf die Frau schlagen. Punkt aus fertig. Das ist die Grundaussage. Oder?
Das Schlagen der Frau im Islam – nicht so klar wie es scheint
In der Bibel steht zwar, dass die Frau dem Manne Untertan sein solle. Von schlagen ist allerdings nicht die Rede. Die Ehefrau zu schlagen war für die heilige Schrift also etwas neues – aber nicht für die Gesellschaft. Es darf davon ausgegangen werden, dass Frauen im Orient und auch im Christentum sehr wohl geschlagen wurden – und anscheinend sah man(n) lange Zeit keinen Grund, dieses Thema überhaupt in einer heiligen Schrift zu thematisieren.
Im Islam gibt es neben der oben genannten Koranquelle auch einige Überlieferungen über Mohammed, die zu diesem Thema herangezogen werden sollen. Die traditionellen Korankommentatoren (z.B. at-Tabari) beschäftigten sich vor allem damit, nach dem Koran legitime körperliche Züchtigungvon Körperverletzung zu unterscheiden.
Für moderne Ohren klingt dies aber empörend. Deswegen muss sich jeder moderne Korankommentator mit diesem Vers auseinandersetzen.
So einfach ist das nicht. Das werden wir im Folgenden sehen. Denn um den Vers richtig einzuordnen, muss geklärt sein, ob alle Wörter richtig übersetzt wurden. Auch ist es wichtig, den Offenbarungsanlass zu betrachten – und das Beispiel des Propheten. Was hat er in einer solchen Situation getan? Aber dazu später mehr.
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Grundsätzlich schränkt der Vers selbst das Schlagen schon mal ein.
Wie heißt es da: Und wenn ihr fürchtet, daß (irgendwelche) Frauen sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie!
Das schränkt das Schlagen dann doch etwas ein. Man darf nur dann schlagen, wenn die Ehefrau versucht, sich aufzulehnen. Das war gegebenenfalls eine Verbesserung von vorher. Vielleicht durften die Frauen vorher immer geschlagen werden, wenn der Mann Lust hatte – z.b. beim angebrannten Essen. Jetzt ist es nur erlaubt, zu schlagen, wenn sie das Essen mit Absicht hat anbrennen lassen. Wichtig ist aber auch die Reihenfolge: erst mahnen, dann im Ehebett meiden und erst – quasi als letztes Mittel schlagen. Auch das ist wieder möglicherweise eine Einschränkung zu vorher.
Das böswillige Auflehnen der Ehefrau – Nuschuz
Über die Auflehnung der Frau (nuschuz) haben sich die Korankommentatoren viele Gedanken gemacht. Nach Ibn Abbas handelt es sich um nuschuz, wenn die Frau die Sexualität als Waffe einsetzt, wenn sie sich also dem Mann verweigert, um etwas zu erreichen oder um ihn zu kränken. Andere Kommentatoren waren der Meinung, nuschuz sei, wenn die Frau ihren Mann in der Öffentlichkeit bloßstelle und verachte. Man sieht in jedem Fall, daß nuschuz nicht einfach bedeutet, daß die Frau manchmal nicht kocht oder andere nebensächliche Dinge, die für manche Männer schon ausreichen, um ihre Frau zu schlagen.
Laut Amir Zaidan müsste man daraba mit „leichten Klaps geben“ übersetzen. Andere übersetzen das Wort statt mit schlagen mit strafen – was wieder einen komplett völlig anderen Kontext ergibt.
Es gibt aber nicht nur den Koran, sondern auch das Beispiel des Propheten. Und da gibt es einige Hadithe, die das Schlagen der Frau behandeln.
Nach einem Hadith hielt der Prophet zur guten Behandlung der Ehefrauen an: “Derjenige von euch, der seine Ehefrau am besten behandelt, ist der beste von euch. “
In einem ähnlichen Hadith heißt es: “Diejenigen, die am vollkommensten sind und diejenigen, die mir am nächsten sind, sind diejenigen, die am besten mit ihren Ehefrauen umgehen.”
Wenn Mohammed nach Hause kam und seine Frauen kein Essen vorbereitet hatten, sagte er nur: “Ich faste heute.” Selbst als seine Frauen sich einmal gegen ihn verschworen hatten und sich offen gegen ihn auflehnten, praktizierte er lieber 29 Tage lang das “Meiden im Ehebett” und zog sich zum Meditieren in die Wüste zurück.
Das lässt darauf schließen, dass Mohammed seine Frauen nicht geschlagen hat. Das Verhalten von Mohammed soll von Muslimen nachgeahmt werden. Also: Du sollst deine Frau nicht schlagen.
Wichtig für die Betrachtung des Themas ist auch der Offenbarungsanlass.
Es gibt für diese Aya auch einen Offenbarungsanlaß: Eine Frau kam zum Propheten und beklagte sich bei ihm, weil ihr Mann sie geschlagen hatte. Der Prophet ließ daraufhin den Mann holen und ordnete Wiedervergeltung an. Er forderte die Frau auf, ihren Mann zu schlagen. Hierauf wurde der oben genannte Vers offenbart, woraufhin der Prophet sagte: “Ich wollte etwas, aber Allah wollte etwas anderes.”
Nach diesem Hadith wurde das Zurückschlagen zum Schutz der Frau verboten, weil es die Situation noch verschlimmern könnte. Ein Mann, der bereits zornig ist, seine Frau schlägt und dann von ihr zurückgeschlagen wird, könnte vollständig die Kontrolle über sich verlieren und der Frau möglicherweise eine schlimme Verletzung zufügen.
Nach dem arabischen Geschichtsschreiber und Korankommentator at-Taberi verbot Mohammed den Männern, die Frauen zu schlagen. Die Männer beklagten sich über das Gesetz. Da gestattete er es ihnen, sagte aber zugleich: “Ich ertrage es nicht, einen Mann zu sehen, der außer sich vor Wut seine Frau schlägt.“
Wie soll die Frau geschlagen werden?
Wie oben schon erwähnt, wird das Wort “daraba” teilweise mit “einen leichten Klaps geben” übersetzt. Das geht auf einen Hadith zurück. Mohammed sagte einmal zu einem Diener, der etwas falsch gemacht hatte:
„Wenn ich nicht wüßte, daß es im Jenseits Vergeltung gibt, hätte ich dich mit diesem siwak geschlagen.” Der siwak ist ein kleines Ästchen, das wegen seiner Fasern zum Zähneputzen verwendet wurde – also sollte die Frau mit einem Zahnstocher geschlagen werden…
Weitere Interpretationen des Koranverses
„Die Männer stehen über den Frauen, weil Gott sie (von Natur vor diesen) ausgezeichnet hat und wegen der Ausgaben, die sie von ihrem Vermögen (als Morgengabe für die Frauen?) gemacht haben.”
Moderne Kommentatoren sehen es überwiegend so, dass der Mann der Frau überlegen ist, weil die Männer besser aussehen und besser denken können, dass die Reaktionen der Männer ernsthaft und wohl überlegt sind, während dies bei den Frauen intuitiv und spontan sind, dass die großen Errungenschaften der Welt von Mänmnern errungen wurden bis auf wenige Ausnahmen, die die Regel bestätigen…
Allerdings gibt es genug Kommentatoren, die der Meinung sind, dass der Vers weder das Besitzrecht der Frau einschränkt noch sie ihrer Freiheit beraubt – und es gibt auch Männer, die der Meinung sind, dass viele Frauen besser sind als 1000 Männer zusammen.
Der Korankommentator Hawwa hingegen stellt ganz klar dar, dass die Männer über die Frauen herrschen sollen.
‘Abduh und Ridda z.B. fragen, wie man denn sonst mit einem widerspenstigen Weib umgehen soll.“Was ist ernsthft dagegen einzuwenden, wenn ein tugendhafter und gottesfürchtiger Ehemann maßvollen physischen Druck au eine Ehefrau ausübt, die außer Kontrolle geraten ist?“ (Cook – Der Koran) Viele europäische Männer würden ihre Frauen ebenfalls schlagen. Und selbst wenn man seiner guten, gebildeten Frau entgegenkommen will – ohne Schlagen ginge es doch garnicht.
Qutb bügelt alles mit der „Gott-der-Allwissende“-Keule nieder: er hat es gesagt und basta.
Allerdings kümmern sich die Korankommentatoren in der Regel auch darum, wie geschlagen werden soll.
Qutb vertritt die Ansicht, dass es auf jeden Fall verboten ist, die Frau wie einen Hund an die Kette zu legen. Auchsind sich die meisten Kommentatoren einig, dass die Frau nicht ins Gesicht geschlagen werden sollte und keine bleibenden Verletzungen davontragen sollte…..
Diese Kommentare sind stets eine Reaktion auf den Westen – entweder versuchen die Kommentatoren, mit dem westlichen Strom zu schwimmen oder dagegen. Sie sind sich dabei des westlichen Soges wohl bewusst. Mal sind die mit-dem-Strom-schwimmer in der Überzahl, mal die gegen-westlichen. Dies lässt darauf schließen, dass die Islamisierung auch nur eine gegenwärtige strömung sein kann, die sich irgendwann wieder abschwächt.
Klaps statt Verprügeln
Heute unterscheidet manche Eltern zwischen Kindesmisshandlung und einem ordentlichen Klaps – so taten es die Kommentatoren ebenfalls. Systematisches Verprügeln war out, aber bei Widerspenstigkeit durfte gezüchtigt werden.
Der Satzteil „diese sollt ihr (zunächst) ermahnen, dann in den Ehebetten meiden” ist auch problematisch. Was bedeutet er genau? Nach at-Tabari ans Bett fesseln (da gibt es aber viele Gelehrte, die das der eigentlichen Wortbedeutung nach für nicht möglich halten, nach anderen Quellen entweder aus dem Bett verbannen oder aber ins eigene Bett verbannen.
Im Vers wird auch eine wichtige Verpflichtung der Ehefrauen genannt: Sie sollen das, was in der Familie vorgeht, bewahren und die Privatsphäre schützen. Dazu gehört auch, daß man über sexuelle Dinge zwischen den Eheleuten nicht mit Dritten redet – eine Sache, die der Prophet schwer verurteilt hat. Dies gilt natürlich für Männer genauso wie für Frauen.
Es geht weiter: … und diejenigen Ehefrauen, deren böswillige trotzige Auflehnung ihr fürchtet, …
Das Verb tachafu (fürchten) bedeutet auch wissen, d.h. man muß sich über die böswillige Auflehnung sicher sein. Es gibt eine Regel im Fiqh (Rechtswissenschaft) die besagt, daß auf Spekulation keine Sanktionen folgen können.
Wenn der Prophet nicht wollte, dass Frauen geschlagen werden – warum steht es dann im Koran?
Der Prophet scheiterte mit der Gleichberechtigung, da er das Privatleben nicht vom öffentlichen Leben trennte.
Mohammed nahm immer eine oder zwei Frauen auf Feldzüge mit. Das Zimmer von Aischa lag direkt neben der Moschee. Seine erste Frau Khadija war reich und vorher seine Chefin – also eine selbstbewusste und selbstbestimmte Frau.
Es hat sich erst geändert, als der Hijab-Vers kam. Dieser gebot den Männern, sich den Frauen des Propheten nicht direkt zu nähern, sondern sie hinter einem Schleier um etwas zu bitten. Der Vers wäre nicht nötig gewesen, wenn es bereits eine Abgrenzung von Mohammeds Frauen und dem öffentlichen Leben gegeben hätte. Das führt unter anderem zu folgender Interpretation:
„Seine politischen Gegner machten aus der Beharrlichkeit seiner Haltung bzgl. den Frauen gegenüber eine Waffe, mit der sie ihn angriffen, ihn verletzten, erniedrigten. Sie zwangen ihn schließlich zur Aufgabe seiner Pläne, die die Gleichheit der Geschlechter zum Ziel hatte.“ (Fatema Mernissi)
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Quellen und Buchtipps
Die Informationen auf dieser Webseite stammen hauptsächlich aus den folgenden Büchern.
Heinz Halm – Der Islam: Geschichte und Gegenwart: Kleine, kompakte Zusammenfassung aus der Beckschen Reihe mit Themen wie das Leben Mohammeds, Islamisches Recht, Sunniten und Schiiten und vieles mehr.
Hartmut Bobzin: Der Koran mit Erläuterungen: Komplette Koranübersetzung; gilt als zur Zeit beste deutsche Übersetzung
Fatima Mernissi: Der politische Harem – Mohammed und die Frauen: Das Buch untersucht das Verhältnis von Mohammed zu seinen Frauen und kommt zu dem Schluss: Mohammed wollte eine Gleichberechtigung von Mann und Frau, wurde aber von seinem Umfeld daran gehindert.
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