1001 Nacht – das sind eigentlich Frauengeschichten. Denn es geht um eine intelligente und belesene Frau, die fest entschlossen ist, das mörderische Treiben eines zutiefst verletzten Mannes zu beenden.
Die Geschichte von Scheherezade
König Shahriyar hat seine Frau beim Liebesspiel mit einem Sklaven ertappt. Er lässt sie töten und befielt er seinem Wazir, ihm jeden Abend ein junges Mädchen zuzuführen. Der Herrscher verbringt die Nacht mit dem Mädchen und befielt seinem Wazir am nächsten Morgen, sie hinzurichten. So will sich der König für die Untreue seiner Frau an allen Frauen rächen.
Als nun fast keine jungen Mädchen und Frauen mehr übrig ist und im ganzen Land tiefe Trauer herrscht und alle den König verfluchen, bittet die eigene Tochter den Wazir darum, mit dem König die Nacht zu verbringen. Scheherezade ist hoch gebildet und belesen und zuversichtlich, dass sie Shahriyar von seinen mörderischen Taten abbringen kann. Der Wazir ist entsetzt, bedeutet das doch nichts anderes, als dass er am nächsten Morgen seine eigene Tochter hinrichten muss. Doch Scheherezade besteht darauf. Der Wazir führt Scheherezade am Abend also zu Shahriyar.
Unter Tränen bittet sie den König, nach ihrer Schwester Dinrasad zu schicken, um sich im Morgengrauen von ihr verabschieden zu können. Der König willigt ein. Dinrasad kommt und legt sich unter das Bett. Sie wartet, bis der König seine Lust an ihrer Schwester gestillt hat. Als alle drei wach liegen, sagt sie: „Ach Schwester, wenn wir schon alle wach sind, erzähle uns doch eine deiner Geschichten.“ Der Sultan willigt ein und Scheherezade beginnt zu erzählen.
Als der Morgen kommt, unterbricht sie ihre Geschichte. Den König aber dürstet nach der Fortsetzung und so beschließt er, Scheherezade erst am nächsten Tag umbringen zulassen, wenn er das Ende der Geschichte kennt. Doch die Geschichte bleibt so spannend, dass der König seine Frau Nacht um Nacht verschont.
1001 Nacht Geschichten – um Leben und Tod
Die Geschichten von Scheherezade sind oft derb und erotisch. Viele handeln von der Liebe, von Eifersucht und Untreue. Ein Beispiel dafür ist folgende Geschichte: Die drei goldenen Äpfel
Die Geschichte von Qamar az-Zaman und Prinzessin Budur hingegen erzählt von einer Liebe, die so stark ist, dass sie Zeit und Raum sowie auch lange Phasen der Trennung überdauern kann, ohne nachzulassen. Es gibt aber auch derbe Schilderungen wie die Geschichte Der Bucklige, der Freund des Kaisers von China.
Mit ihren Erzählungen erweicht und heilt Scheherezade schließlich das Herz des Sultans. „Ich habe keine Geschichten mehr für dich“, verkündet sie nach der 1001 Nacht. „Du kannst mich nun töten, wenn es dir danach gelüstet.“ Doch König Shahriyar, den Scheherezade mittlerweile auch zum Vater dreier Kinder gemacht hat, beschließt, sie zu verschonen. Und glücklich leben sie bis an das Ende ihrer Tage… Es ist eben ein Märchen.
Rezeption von Scheherezade und 1001 Nacht
Fatima Mernissi, Soziologieprofessorin aus Marokko, ist mit den Geschichten von 1001 Nacht aufgewachsen. Immer wieder hat sie den Geschichten von Scheherezade und ihren Erzählungen wie die von Prinzessin Budur und Qamar az-Zaman gelauscht. Und so sind nahezu in jedem ihrer Büchern Anspielungen auf die mutige Sheherezade zu finden, eine starke Frau aus einer Zeit, in der Männer ihre Frauen einsperren, aber sich zugleich nach starken und unbeherrschbaren Frauen sehnen. Nicht umsonst heißt es gleich zu Anfang in 1001 Nacht in der Geschichte Der betrogene Ifrit: „Wenn eine Frau etwas will, kann sich ihr niemand verweigern.“
Nicht zuletzt deswegen haftete den Geschichten von 1001 Nacht im Orient ein „Schmuddel-Image“ an. Und nicht zuletzt deswegen waren die Geschichten insbesondere bei Frauen äußerst beliebt, erzählen sie doch von Persönlichkeiten, die ihr eigenes Schicksal in die Hand nehmen, statt sich passiv in ihr Schicksal zu ergeben. Aus dem Harem in die Freiheit also.
Geschichten aus 1001 Nacht:
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