Zombiegeschichte online lesen

Diese Zombiegeschichte von Miriam Malik aus dem Sammelband “Superschwere Ausnahmefehler” lässt sich direkt hier online lesen. Viel Spaß dabei. 

Ein dumpfes Krachen ertönte. Kathrin Schmidt, langjährige Sachbearbeiterin bei der MüllerMeierHuber AG, blickte aus dem Fenster im zweiten Stock – und traute ihren Augen nicht. Denn gerade versuchte eine Horde aus bestimmt hundert Zombies, den Zaun zu durchbrechen, um auf das Firmengelände zu gelangen! Der Werkschutz, bestehend aus den Mittfünfzigern Florian und Ingmar, saß zitternd in seinem Wachhäuschen und machte sich so klein wie nur irgendwie möglich.

Die Menschenmasse murmelte im Chor etwas vor sich hin.

Kathrin lauschte angestrengt und schließlich verstand sie, was sie dort unten fast schon sangen: „MEGAphone. Das neue MEGAphone. Haben will. MEGAphone. Das neue MEGAphone. Haben will …“

Da wurde ihr zumindest ein Teil klar. Das waren keine Zombies, sondern Smartphone-Junkies, die unbedingt das neue MEGAphone haben wollten, das die MüllerMeierHuber AG seit mehreren Jahren produzierte und verkaufte.

Aber warum der Aufstand, fragte sie sich beunruhigt, trat an ihren Rechner und öffnete den Onlineshop. Und verstand. Oh nein. Was hatte sie nur GETAN?

Gestern hatte sie die Startseite verändert. Aber offenbar die Artikel vertauscht. Gut, es war spät gewesen. Aber das Resultat war der absolute Horror.

Denn da stand jetzt: Das NEUE MEGAphone 8: In Kürze AUSVERKAUFT! Sichern Sie sich die letzten fünf Exemplare zum atemberaubenden Preis von 150 €!

MEGAphone 7 – ab nächsten Montag überall im Handel. Keine Sorge – es ist genug für alle da!

Sie hatte die Artikel verwechselt. Um Gottes Willen.

Beherzt trat sie an das Fenster, öffnete es.

Die Menge blieb stehen und blickte mit blutunterlaufenen Augen zu ihr hinauf.

„Das MEGAphone 8.1. kommt am Montag in die Läden! Es ist genug für alle da!“, rief sie.

Die Junkies starrten sie an. Einer zog etwas aus der Tasche. Sein MEGAphone! Und er packte es und warf es nach oben! Dazu zielte er auch noch gut – das Gerät hätte Kathrin ins Gesicht getroffen, wenn sie sich nicht schnell weggeduckt hätte.

„Lügen“, brüllte unten die Menge und begann, noch lauter zu murmeln: „MEGAphone. Das neue MEGAphone. Haben will. MEGAphone. Das neue MEGAphone. Haben will…“

Kathrin setzte sich an ihren Rechner und begann, hektisch zu tippen. Dann kroch sie zum Fenster und spähte hinaus. Die Meute versuchte gerade, die Eingangstür aufzubrechen.

„Das MEGAphone kommt am Montag“, schrie sie so laut sie konnte. „Seht selbst! Checkt eure MEGAphone!“

Die Menge stoppte wie ein Mann. Kathrin beobachtete, wie jeder sein MEGAphone 7 aus der Tasche zog.

„Kein Empfang“, murmelte die Menge.

Ihr wurde schlecht. Das war das Ende.

„Kein Empfang. KEIN EMPFANG!“

„Ich habe Empfang“, brüllte plötzlich ein junger Mann mit schwarz gefärbten Haaren, Hut und Brille. „Und es stimmt! Da steht es, schwarz auf bunt auf der Startseite: das neue MEGAphone ist am Montag in allen Läden – und es gibt eins für jeden! Hurra!“

„HURRA!“, brüllten die Leute vor dem Haus und fielen sich schluchzend gegenseitig in die Arme.

Und Kathrin brach völlig erschöpft vor ihrem Schreibtisch zusammen. Die Katastrophe war gerade noch einmal abgewendet worden … Jedenfalls bis zum nächsten Montag.

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