Für viele Muslima gehört das Kopftuch oder auch der Schleier zum Islam – auch, wenn sich dieser nicht direkt aus dem Koran oder den Hadithen ableiten lässt. Doch was genau hat es mit dem Kopftuch im Islam auf sich und welche Koranstellen gibt es überhaupt dazu?
Der Hijab-Vers
Alles begann mit diesem Vers:
O ihr Gläubigen! Betretet nicht die Häuser des Propheten, es sei denn, dass es euch zu einer Mahlzeit erlaubt wurde. Und wartet nicht auf deren Zubereitung, sondern tretet dann ein, wann ihr eingeladen seid. Und wenn ihr gespeist habt, dann geht auseinander und lasset euch nicht aus Geselligkeit in eine weitere Unterhaltung verwickeln. Das verursacht dem Propheten Ungelegenheit, und er ist scheu vor euch, jedoch Allah ist nicht scheu vor der Wahrheit. Und wenn ihr seine Frauen um irgend etwas zu bitten habt, so bittet sie hinter einem Vorhang. Das ist reiner für eure Herzen und ihre Herzen. Und es geziemt euch nicht, den Gesandten Allahs zu belästigen, noch (geziemt es euch,) seine Frauen jemals nach ihm zu heiraten. Wahrlich, das würde vor Allah eine Ungeheuerlichkeit sein. [33:53]
Dieser Vers wurde im Jahre 627 offenbart.
Offenbarungsanlass:
Mohammed feierte Hochzeit mit seiner Frau Zainab. Einige unhöfliche Menschen blieben sehr lange, ohne zu verstehen, dass Mohammed mit seiner Frau allein sein wollte. Mohammed ging jede seiner Frauen besuchen, um sich abzulenken.
Als er wiederkam, waren die unverschämten Männer noch immer da. Er war sehr verärgert, ganz im Gegensatz zu normalerweise – eigentlich war er als sehr friedliebend bekannt. Da kam der Hijab-Vers herab. Er führte zu einer ersten Trennung zwischen Öffentlichkeit und Provatleben und führte dazu, dass die Frauen des Propheten aus dem öffentlichen Leben entrückt wurden.
Maßvolle Bekleidung als Schutz vor Belästigung
Ein weiterer Vers befasst sich konkreter damit, wie sich Frauen kleiden sollen:
Vers 33, 59
O Prophet! Sprich zu deinen Frauen und deinen Töchtern und zu den Frauen der Gläubigen, sie sollen ihre Übergewänder reichlich über sich ziehen. So ist es am ehesten gewährleistet, daß sie erkannt und nicht belästigt werden. Und Allah ist Allverzeihend, Barmherzig.
Der Vers resultiert daraus, dass es in Medina Männer gab, die Frauen sexuell belästigten, auch die Frauen es Propheten. Als sie diesbezüglich zur Rede gestellt wurden, antworteten sie, dass sie diese nicht von den Sklavinnen unterscheiden konnten und deswegen belästigt hatten.
Mit der Zeit wurden die Vorschriften noch strenger:.
Und sag den gläubigen Frauen, sie sollen ihre Augen niederschlagen, und ihre Keuschheit bewahren, den Schmuck, den sie tragen, nicht offen zeigen, soweit er nicht sichtbar ist, ihren Schal sich über den vom Halsausschnitt nach vorne heruntergehenden Schlitz des Kleides ziehen und den Schmuck, den sietragen, niemandem offen zeigen, außer ihrem Mann und ihrem Vater (…) Und sie sollen nicht mit ihren Beinen aneinanderschlagen und damit auf den Schmuck aufmerksam machen, den sie verborgen tragen. Und wendet euch allesamt wieder Allah zu, ihr Gläubigen. Vielleicht wird es euch (dann) wohl ergehen. [ 23,31]
Für die Frauen des Propheten galten besonders strenge Vorschriften:
Sure 33,32 Ihr Frauen des Propheten! Ihr seid nicht wie andere Frauen. Wenn ihr gottesfürchtig sein wollt, dann seid nicht unterwürfig im Reden mit fremden Männern, damit nicht einer, der in seinem Herzen eine Krankheit hat, (nach euch) Verlangen bekommt! Sagt (vielmehr nur), was sich geziemt! 33 Und bleibt in eurem Haus, putzt euch nicht heraus, wie man das früher im Heidentum zu tun pflegte, verrichtet das Gebet (salaat), gebt die Almosensteuer (zakaat) und gehorchet Allah und seinem Gesandten! Allah will (damit, daß er solche Gebote und Verbote erläßt) die (heidnische) Unreinheit (ridschs) von euch entfernen, ihr Leute des Hauses, und euch wirklich rein machen.
„Mit der Verordnung des Schleiers wurde die Frau nicht nur dem Blick der Männer entzogen, sie wurde gesellschaftlich „unsichtbar“ gemacht und in den Bereich des „Verbotenen“, des „Unantastbaren“ – haram – verwiesen“. (Heller/Mosbahi)
Kopftuch oder Burka sind nicht direkt aus dem Koran belegbar
Im Koran und auch in den Hadithen gibt es jedoch keine Vorschrift, wie sich die Frauen genau zu bedecken haben – weder von Kopftuch noch von Gesichtsschleier oder Burka ist die Rede.
Viele Gelehrte sind allerdings der Meinung, dass zumindest das Kopftuch sein muss.
Für den in Deutschland lebenden und aus Syrien stammenden Amir Zidan beispielsweise muss das Kopftuch unbedingt sein. Er begründet dies so: das Ablegen des Kopftuchs ist nur bei akturer Not und bei Gefahr für Leib und Leben erlaubt. Da in Deutschland kaum eine Frau in einer solchen Gefahrensituation befindet, ist das Kopftuch verpflichtend. Er ruft alle muslimischen Frauen dazu auf, sich für das Kopftuch zu entscheiden. Er sagt auch, dass der Mann die Frau zwar ermahnen sollte, das Kopftuch zu tragen, sie jedoch nicht dazu zwingen kann.
Die Auslegung zum Thema Kopftuch ist jedoch höchst unterschiedlich: Der islamische Gelehrte und ägyptische Religionsminister Dr. Mahmoud Zakzouk, der auch Präsident des Obersten Islamischen Rates der Arabischen Republik Ägypten ist, kann jedoch keinen Zwang für den Hidschab/das Kopftuch im Islam erkennen.
Staatlicher Zwang zum Kopftuch
Manche Länder schreiben Frauen per Gesetz vor, wie sie ihr Haar zu bedecken haben:
In Saudi-Arabien und Iran ist der Hidschab für Frauen aufgrund staatlicher Gesetze verpflichtend. Bei Nichtbeachtung der Vorschrift drohen empfindliche Strafen (u. a. Züchtigungen). Im Iran darf aufgrund der schiitischen Auslegung des Korans das gesicht jedoch nicht verschleiert werden. Im Iran ist es dabei von der Region abhängig, wie viel Haar die Frauen bedecken. In Teheran beispielsweise tragen fast alle Frauen einen Tschador, während beispielsweise in Shiraz die Frauen lediglich einen kleinen Teil ihres Hinterkopfes bedecken.
In Saudi-Arabien müssen Muslimas ihr Gesicht verschleiern, Ausländerinnen zumindest ihr Haar bedecken.
In anderen Ländern ist der gesellschaftliche Druck so stark, dass die Frauen ihr Haar quasi bedecken müssen, auch wenn es dazu kein Gesetz gibt.
In vielen muslimischen Staaten besteht für Muslimas praktisch die Verpflichtung zum Hidschab:
- Jemen
- Oman
- Arabische Emirate
- Gaza Streifen
- Afghanistan
- Pakistan
- Irak
Dabei wird oft der Körper unter einer Burka oder einem langen Mantel und das Gesicht durch das Gitter der Burka oder durch den Gesichtsschleier (arab. Niqab) bedeckt.
Im Irak werden Frauen, die kein Kopftuch tragen, zunehmend Opfer von Gewalt. Deswegen verschleiern sich dort oft auch Christinnin. Im Gaza Streifen ist der gesellschaftliche Druck, Kopftuch zu tragen, seit der Machtergreifung der Hamas 2007 enorm gestiegen.
Auch in anderen Ländern ist der Druck zum Hidschab gestiegen. Es ist allerdings nicht immer genau abzugrenzen, ob die Frauen wirklich dazu gezwungen werden oder das Kopftuch aufgrund ihrer persönlichen Auslegung freiwillig tragen.
Viele Musliminnen tragen das Kopftuch freiwillig
Gerade für das Kopftuch gibt es nicht unbedingt einen Zwang. Viele Musliminnen tragen es freiwillig – für sie gehört es zum Islam dazu. Sicher gibt es auch Frauen, auf die Druck ausgeübt wird. Aber das Kopftch zu verbieten ist sicher keine Lösung. Eine Streitfrage bleibt dabei jedoch, ob beispielsweise Lehrerinnen oder Beamtinnen erlaubt sein soll, das Kopftuch zu tragen.Beispiel hierfür könnte der Umgang mit der Ordenstracht von Nonnen sein. Denn diese ist beispielsweise an Schulen erlaubt.
Niqab: der Gesichtsschleier
Der Niqab kann oberhalb oder unterhalb der Augen angebracht werden.
Der Gesichtsschleier ist traditionell vor allem auf der Arabischen Halbinsel verbreitet. In Saudi-Arabien und im Jemen beispielsweise trägt die große Mehrheit der Frauen einen Gesichtsschleier. Aber auch in Ägypten, Syrien, Jordanien, dem Irak sowie in nordafrikanischen Ländern wird der Niqab getragen.
In Tunesien ist der Niqab verboten. Im Rahmen der Islamisierung nach dem Arabischen Frühlings sind Diskussionen wieder aufgeflammt, den Niqab zu erlauben – bislang gibt es jedoch diesbezüglich noch kein Gerichtsurteil. In Ägypten ist der Niqab an Universitäten umstritten.
Verbot von Niqab und Burka
In Frankreich ist eine Vollverschleierung verboten. Auch in Deutschland wird dies diskutiert. Doch ist dies sinnvoll? Wohl eher nicht. Denn Frauen, die von ihrer Familie dazu gezwungen werden, die Burka zu tragen, werden ohne Burka das Haus gar nicht mehr verlassen – weder zum Einkaufen noch in einem konkreten Notfall. Die Frau mit einer Geldstrafe zu belegen ist in dieser Hinsicht vollkommen sinnlos.
Der einzige “Vorteil” von Niqab und Burka
Der Niqab macht Frauen in der Öffentlichkeit unsichtbar, er gibt ihnen jedoch auch ein gewisses Maß an Freiheit. Dies betrifft beispielsweise das Reisen: da in Saudi-Arabien eine vollverschleierte Frau nicht auf ihre Identität hin untersucht wird, kann sie mit dem Pass einer anderen Frau verreisen. Außerdem sind manche ihrer Aktivitäten für ihre Angehörigen schwer zu entdecken. Wer kann schon nachvollziehen, ob die Frau mit Burka oder Gesichtsschleier, die ein Haus betritt, tatsächlich eine Verwandte ist?
Fazit: Kopftuch als Zeichen muslimischer Identität
Aus dem Koran lässt sich zwar belegen, dass sich die Frau maßvoll kleiden soll – von Kopftuch oder gar Niqab ist jedoch nicht die Rede. Die maßvolle Kleidung war ein Schutz vor den Männern in Medina eingeführt worden. In Staaten wie Iran oder Saudi Arabien werden Frauen per Gesetz dazu gezwungen, das Kopftuch zu tragen. Es gibt jedoch viele Muslimas, die das Kopftuch oder auch den Niqab freiwillig tragen, weil es für sie zum Islam dazugehört. Insbesondere in Deutschland herrscht Religionsfreiheit.
Deswegen ist es wichtig, diese zu respektieren, sofern dabei keine Grundrechte verletzt werden.
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