Polygamie im Islam ist nach wie vor ein Reizthema für Frauenrechtler. Tatsächlich wird der maßgebliche Vers 3 aus Sure 4 – insbesondere bei westlichen Islamwissenschaftlern – nicht als Aufruf zur Polygamie verstanden. Außer in der Türkei und in Tunesien ist die Mehrehe allerdings in allen anderen orientalischen Ländern erlaubt, wobei das Gesetz in der Türkei bisweilen durch religiöse Eheschließungen umgangen wird.
Die Grundlagen für Polygamie im Koran
Als Grundlage für die Polygamie im Islam dient folgender Vers aus dem Koran:
Und wenn ihr fürchtet, nicht gerecht gegen die Waisen zu sein, so heiratet, was euch an Frauen gut ansteht, zwei, drei oder vier; und wenn ihr fürchtet, nicht billig zu sein, (heiratet) eine oder was im Besitz eurer rechten (Hand ist). So könnt ihr am ehesten Ungerechtigkeit vermeiden. (Sure 4,3)
Der Vers folgt direkt einer Passage, in der es um die Versorgung von Waisen geht und bezieht sich auch auf Waisen. Einen anderen Vers, der die Vielehe erlaubt, gibt es nicht. Dieser Vers wird deswegen tatsächlich oft so interpretiert, dass zur Waisenversorgung bis zu vier Frauen geheiratet werden können. Dennoch gab und gibt es im Islam die Praxis der Mehrehe.
Ein weiterer Vers schränkt die Mehrehe sogar ein:
Und ihr könnt zwischen den Frauen keine Gerechtigkeit üben, so sehr ihr es auch wünschen möget. Aber neigt euch nicht gänzlich (einer) zu, so daß ihr die andere gleichsam in der Schwebe lasset. Und wenn ihr es wiedergutmacht und gottesfürchtig seid, so ist Allah Allverzeihend, Barmherzig (Sure 4,129).
Der Prophet Mohammed und seine Frauen
Dieser Vers wird von Frauenrechtlern oft so interpretiert, dass die Einehe die beste Form der Lebensgemeinschaft ist, da der Mann mehrere Frauen nicht gleich behandeln kann. Mohammed selbst hat mehrere Frauen geheiratet. Dazu ist jedoch folgendes anzumerken:
Mit seiner ersten Frau Chadija war er relativ lange zusammen, ohne andere Frauen zu heiraten (es gab einen Ehevertrag, der ihm Polygamie untersagte).
Danach hat er hauptsächlich geschiedene und verwitwete Frauen geheiratet. Aischa war die einzige Jungfrau.
Grundsätzlich hatte der Prophet Mohammed eine Sonderstellung inne, was die Frauen betraf. In Sure 33,50 steht:
„Prophet! Wir haben dir zur Ehe erlaubt: deine (bisherigen) Gattinnen, denen du ihren Lohn gegeben hast; was du (an Sklavinnen) besitzt, (ein Besitz, der) dir von Allah (als Beute) zugewiesen (worden ist); die Töchter deines Vaterbruders und die Töchter deiner Vaterschwestern und die Töchter deines Mutterbruders und die Töchter deiner Mutterschwestern, die mit dir ausgewandert sind; (weiter) eine (jede) gläubige Frau, wenn sie sich dem Propheten schenkt und er (seinerseits) sie heiraten will. Das (letztere) gilt in Sonderheit für dich im Gegensatz zu den (anderen) Gläubigen. Wir wissen wohl, was wir ihnen hinsichtlich ihrer Gattinnen und ihres Besitzes (an Sklavinnen) zur Pflicht gemacht haben. (Die obige Verordnung ist eine Sonderregelung für dich) damit du dich nicht bedrückt zu fühlen brauchst (wenn du zusätzliche Rechte in Anspruch nimmst). Und Allah ist barmherzig und bereit zu vergeben.“
Polygamie-Praxis in der arabischen Welt
Zahlreiche muslimische Länder schränken die Polygamie ein, indem sie dem Gleichbehandlungsanspruch des Korans folgen. In Marokko zum Beispiel muss gerichtlich nachweisbar sein, dass ein Mann finanziell in der Lage ist, jeder Frau eine eigene Wohnung zur Verfügung zu stellen sowie für mögliche Kinder zu sorgen. Zusätzlich können Frauen im Ehevertrag festlegen (lassen), dass ihr Mann keine anderen Frauen heiraten darf.
In Saudi Arabien wird die Mehrehe relativ oft praktiziert. Reiche Männer haben hier teilweise sogar mehrere Häuser und stellen so sicher, dass sich die Frauen untereinander nicht sehen müssen.
Fazit zur islamischen Mehrehe
Aus dem Koran kann der Aufruf zur Einehe interpretiert werden, weil sich die Koranstelle auf die Versorgung von Waisen bezieht und der Koran davon ausgeht, dass man die Frauen nicht alle gleich behandeln kann.
Grundsätzlich war die Beschränkung auf vier Frauen bereits eine Verbesserung in Hinsicht auf die Zeit vor Mohammed, in der Frauen völlig rechtlos waren und Männer beliebig viele Frauen haben konnten, ohne diese gleich behandeln zu müssen.
In der Praxis und insbesondere in den Harems der Herrscher wurde das Vier-Frauen-Prinzip jedoch durch den Kauf von gut in vielen Künsten ausgebildeten Haremssklavinnen umgangen.