Kinderehe im Islam

In vielen islamischen Ländern ist die Ehe mit Minderjährigen erlaubt. Der (zum Teil vorgeschobene) Grund: der Prophet Mohammed selbst soll seine Lieblingsfrau im Alter von neun Jahren geheiratet haben. Grund für manche Muslime, auf diesem angeblichen Recht zu bestehen. Der Hintergrund: manche Männer wollen unbedingt eine Jungfrau heiraten. Dies liegt am traditionellen Ehrbegriff, der zwar im Denken tief verwurzelt ist (und zwar nicht nur bei den Muslimen), mit dem Islam allerdings nichts zu tun hat. Doch dieser archaische Ehrbegriff hat zur Folge: Nur eine Jungfrau gilt als rein, nur die Heirat einer Jungfrau verhindert eine Befleckung der Familienehre. Und je jünger das Mädchen, desto wahrscheinlich ist ihre Jungfräulichkeit…

Legitimation der Kinderehe – das Heiratsalter Aischas

Als Legitimation für Kinderehen wird oft das Heiratsalter von Aischa mit Mohammed zugrunde gelegt. Dazu wird ein Hadith, eine Überlieferung über den Propheten herangezogen:

Aischa berichtete, dass der Prophet sie heiratete, als sie 6 Jahre alt war und er vollzog die Ehe mit ihr, als sie 9 Jahre alt war, und dann bliebt sie 9 Jahre bei ihm (bis zu seinem Tod).

Doch passt dieser Vers mit vielen anderen Überlieferungen nicht zusammen! Andere Quellen gehen von einem Heiratsalter zwischen 12 und 21 Jahren – also frühestens ab dem Eintritt in die Pubertät. 14 Jahre scheint uns zwar noch immer sehr früh zu sein, war in der damaligen Zeit aber nichts ungewöhnliches – auch nicht in Europa.

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Kinderehe im Islam – Quellen

Tabari schreibt in seiner Abhandlung über islamische Geschichte, dass Abu Bakr vier Kinder hatte und alle in der vor-islamischen Zeit geboren wurden. Das bedeutet: alle Kinder wurden vor 610 geboren. Die Hijra war im Jahre 622  – Aischa muss also mindestens 12 Jahre gewesen sein.

Eine weitere Quelle berichtete, dass Aischa nach ihrer Hochzeit an der Seite von Mohammed kämpfte. Allerdings gab es ein
Verbot für unter 14-Jährige, an militärischen Auseinandersetzungen teilzunehmen. Demnach müsste Aischa mindestens 14 Jahre alt gewesen sein.

In einer weiteren Quelle wurde Aischa während ihrer Verlobung – drei Jahre vor der Hochzeit – als bikr bezeichnet. Das Wort wird für erwachsene Jungfrauen verwendet.

In altarabischer Zeit wurde das Alter nicht ab dem Jahr der Geburt, sondern ab dem Eintritt in die Gesellschaft gezählt. Dazu gab es eine Zeremonie ähnlich wie eine Kommunion: Eingliederung in Gesellschaft. Der Hadith, in dem Aischa ihr Alter bei der Heirat nennt, könnte also bedeuten: Aischa wurde mit Mohammed sechs Jahre nach ihrer Kommunion verlobt. Da muss sie also zwischen 15 und 17 Jahren gewesen sein. Zum Zeitpunkt der Ehe ist sie dann zwischen 19 und 21 Jahren gewesen.

Nach den orthodoxen islamischen Rechtschulen wird der Vers mit Aischas Heiratsalter jedoch wörtlich interpretiert – deswegen ist die Heirat mit 9 Jahren erlaubt.

Kinderehe – Praxis heute

Aus den eingangs genannten Gründen gibt es im Orient Männer, die an der alten, wörtlichen Überlieferung festhalten und auf der Heirat mit einem möglichst jungen Mädchen bestehen. Hochzeiten mit Kindern erfolgen oft in ländliche-traditionalistischen Gegenden. Fälle sind im Jemen, Afghanistan und Saudi-Arabien bekannt.

Heiratsgesetze in den USA

In den USA ist das Mindestalter für Ehen je nach Bundesstaat unterschiedlich geregelt. In Massachusetts und Kansas liegt das Mindestalter bei 12 Jahren, in New Hampshire bei 13 Jahren und in einigen anderen Staaten bei 14 Jahren.

Die aktuelle Rechtslage zur Kinderehe

In den meisten islamischen Staaten ist eine Heirat mit Minderjährigen untersagt. Das Mindestheiratsalter für Mädchen liegt bei 16 bis 18 Jahren und für Jungen bei 18 Jahren. Die UNDP-Studie „Human Development Report – Youth in Turkey“ stellte 2008 bezüglich der Türkei fest, dass Kinderehen in ländlichen Gebieten allgegenwärtig waren – oft aus Furcht vor der Verletzung der Familienehre.

Im Jemen wurde 1999 das Heiratsalter von 15 Jahren auf den Beginn der Pubertät und damit auf 9 Jahre gesenkt. Besonderes Aufsehen erregte der Fall der achjährigen Nujoud, die von ihrem Vater mit einem 22 Jahre älteren Mann zwangsverheiratet wurde. Sie erstritt daraufhin vor Gericht die Scheidung. Im Jemen werden oft kleine Mädchen in jungen Jahren verheiratet – insbesondere auch, weil die Familien dafür einen Brautpreis vom Bräutigam erhalten. Manche Familien verkaufen ihre Töchter regelrecht an reiche Männer, zum Beispiel aus Saudi Arabien. Lässt sich der Mann nach einiger Zeit scheiden, kehrt das Mädchen entehrt zu ihrer Familie zurück.

In Saudi Arabien und dem Jemen sind diese Kinderheiraten legal. Weitere Fälle sind aus Afghanistan und Indien bekannt. Im Bundesstaat Bihar werden 58,9 % der Frauen vor Erreichen des 18. Lebensjahrs verheiratet, in Rajasthan 55,5 %, in Westbengalen 54,9 %. Kinderheiraten sind jedoch weltweit – besonders in ärmeren Regionen – verbreitet.

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