Bei den Wikingern handelt es sich um eine Vielzahl unterschiedlicher Völker, die von 800 bis 1000 n. Chr. lebten. Ihnen war gemeinsam, dass ihre Wurzeln in Skandinavien lagen und dass ihre Krieger auf Raubzüge gingen – Viking genannt (vgl. Wer waren die Wikinger?). Dies bedeutet, dass die Wikinger keine einheitliche Kultur hatten und dass sich auch die Bestattungsrituale unterschieden. Grundsätzlich gibt es kaum schriftlichen Quellen, was es schwer macht, die Riten nachzuvollziehen – gleichwohl wurden zahlreiche Gräber gefunden, die etwas über Begräbnisse bei den Wikingern verraten.

Hügelgräber in Gamla Uppsala, Schweden

Schiffsgräber der Wikinger

Der bekannteste Ritus von Wikingerbegräbnissen ist der, dass ein gefallener Krieger mit Grabbeigaben auf ein Boot gebettet und der See übergeben wird – oft ergänzt durch das Bild, dass das Boot mit einem Pfeil entzündet wird. Belegt ist jedoch, dass Tote in ein Boot gelegt und in einem Hügelgrab bestattet wurden. Diese Praxis ist beispielsweise aus Haithabu (Deutschland), Dänemark, Schweden, Großbritannien, Norwegen und Island bekannt. Dabei wurden nicht nur Anführer und Krieger bestattet, sondern auch Frauen sowie auch mehrere Familienangehörige. Dies zeigen beispielsweise das faszinierende Wikingergrab von Oseberg am Oslo-Fjord sowie das Wikingergrab in Vinjeøra (rund 500 Kilometer nordwestlich von Oslo, Norwegen). Bei diesen aufwändigen Bestattungen handelte es sich wohl um Mitglieder der Oberschicht.

Bootsbestattungen waren jedoch keine Erfindung der Wikinger. So wurde in Sutton Hoo in Großbritannien ein Bootsgrab aus dem 7. Jahrhundert gefunden.

Länder, in denen Schiffsgräber gefunden wurden

  • Deutschland: 1 (Haithabu)
  • Estland: 2
  • Dänemark: 3
  • Schweden: 12
  • Norwegen: mehr als 60

Bekannte Wikinger Begräbnisstätten und Museen

  • Wikinger-Schiff-Museum in Oslo, Norwegen, mit rekonstruierten Schiffen aus Bootsgräbern
  • Das Ladby-Schiff auf Fünen, Dänemark – ein rekonstruiertes Bootsgrab
  • Bootsgrab von Scar, Orkney-Inseln
  • Haithabu, Bootskammergrab (das einzige seiner Art) – Funde und Schiffe werden im Museum von Haithabu gezeigt

Weitere Begräbnisformen: Schiffssetzungen, Brand- und Urnengräber

Gräber der Wikingerzeit stehen oft in Zusammenhang mit Bestattungsriten aus deutlich früheren Epochen. Viele Grabstätten waren bereits seit Jahrhunderte, wenn nicht sogar Jahrtausenden genutzt worden. Dazu wurden viele Grabstätten, wie beispielsweise die von Gamla-Uppsala, bereits vor der Zeit der Wikinger genutzt.

Schiffssetzung Ales Stenar, Schweden – Entstehungszeit allerdings vor den Wikingern (um 600 n. Chr.)

Auch wurden längst nicht alle Wikinger in Schiffsgräbern bestattet. Eine weitere Form waren Schiffssetzungen – hierbei handelt es sich um bootförmige Steinsetzungen, die Brand- oder Urnengräber markieren. Ein bekanntes Beispiel ist das Gräberfeld Lindholm Høje, ganz im Norden Dänemarks. Hier wurden auch Gräber aus der Eisenzeit gefunden – also etwa 2000 Jahre vor der Zeit der Wikinger.

Im schwedischen Birka bei Stockholm zeigt sich wiederum ein ganz anderes Bild. Manche Tote (Männer und Frauen) wurden zusammen mit reichen Grabbeigaben der Erde anvertraut. Mehr als die Hälfte der Toten in den Grabhügeln wurde hingegen verbrannt, teilweise auch zusammen mit Grabbeigaben. Die Grabhügel Birkas befinden sich in der Nähe der Siedlung, was so zu deuten ist, dass die Wikinger ihre Toten nahe bei sich haben wollten. Ein Teil der verbrannten und somit nicht christlich bestatteten Toten hatte Grabbeigaben mit christlichen Symbolen wie Silberkreuze und Kruzifixe bei sich. Wieder andere Verstorbene wurden direkt und ohne Grabbeigaben begraben.

Der Reisebericht des Ibn Fadlan

Sehr oft wird der Bericht des arabischen Reisenden Ibn Fadlan herangezogen, der einem Begräbnis bei den Rus an der Wolga beiwohnte. Es ist jedoch nicht sicher, wie repräsentativ die Schilderung wirklich für die Wikinger war, die sich ja aus verschiedenen Völkern zusammensetzten – und ob auch tatsächlich alles stimmt, was Ibn Fadlan einem sensationssüchtigen Publikum im fernen Orient erzählte. Auffällig ist zudem, dass Fadlan überhaupt keinen Bezug auf die bei den Wikingern wohl vorherrschende nordische Religion mit den Göttern Odin, Thor und Freya nahm.

Hel – die Unterwelt der Wikinger

Nach dem Tod gelangten die meisten Menschen nach Hel, in ein dunkles, trostloses Reich, beherrscht von der Göttin Hel, der Tochter Lokis und der Riesin Angrboda. Ihre Haut ist hälftig von normaler Farbe, hälftig blau-schwarz, was zeigt, dass sie halb tot und halb lebendig ist. Hel wurde aus Asgard verbannt und gründete ihr eigenes Reich im Norden, wo sie alle Menschen und Wesen zu sich holt, die ihren Tod auf dem Sterbelager fanden. Ihre Welt Helheim liegt unter den Wurzeln des Weltenbaums Yggdrasil. Diese Welt kann nur über den Todesfluss Gjöll und die goldene Brücke Gjallarbrú erreicht werden. Die Beschreibung Helheims ist widersprüchlich: Einerseits ist es ein trostloser und düsterer Ort, andererseits auch ein lebendiger und wärmender. Verbrecher wie Mörder und Diebe, aber auch Lügner werden dort ewiglich Kälte, Schmerz und Hunger leiden. Diese Menschen erfahren zuweilen noch eine größere Qual beim Drachen Nidhöggr, der sich vom Fleisch der Toten ernährt. Möglicherweise spielen dabei bereits Angleichungen an oder Einflüsse aus der christlichen Höllenanschauung eine Rolle. Hel ist nicht nur eine „verborgene“ Göttin, sondern auch eine gerechte. Den einen tritt sie nett und liebenswert gegenüber, den anderen unerbittlich und grausam. Sie vereint scheinbare Gegensätze, dies spiegelt sich auch in ihrem äußeren Erscheinungsbild wider.

Walhalla – Krieger für Ragnarök

Holzschnitt von Johannes Gehrts aus Walhall – Germanische Götter- und Heldensagen (1883)

Bekannter als das reich der Totengöttin ist Walhall, die Totenhalle Odins. Dabei handelt es sich eigentlich um eine Wartehalle. In diese werden auserwählte Krieger nach ihrem heldenhaften Tod auf dem Schlachtfeld durch Odins Töchtern, die Walküren, gebracht, um sich auf die letzte Schlacht, Ragnarök, vorzubereiten. Jeden Tag kämpfen die Helden gegeneinander, am Abend sitzen sie zusammen und trinken Met, der aus dem Euter der Ziege Heidrun fließt, und essen Fleisch vom Eber Sährimnir, der täglich gekocht wird und wieder aufersteht. Wenig bekannt ist, dass auch die Göttin Freya eine Halle für ausgewählte Krieger unterhielt.

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