Der reichste und wichtigste Wikinger-Fund in Norwegen

Das Oseberg-Schiff im Wikingerschiffmuseum Oslo. Urheber: Peter Ulleland, s.u

Einer der reichsten Wikingerfunde in Norwegen, wenn nicht generell, stellt das Schiffsgrab von Oseberg dar (vgl. Wer waren die Wikinger?) 1904 wurde am norwegischen Oseberg-Hof am Oslo-Fjord zwischen Tønsberg und Horten ein Grabhügel untersucht. Gefunden wurde das Oseberg-Schiff, eine Grabkammer mit zwei Frauenleichen sowie Grabbeigaben. Dazu gehörten Pfosten mit Tierköpfen, ein reich verzierter Wagen und Textilien sowie das Zaumzeug von Pferden. Außer diesen Gegenständen wurden den Bestatteten fünfzehn geopferte Pferde, vier Hunde und ein Ochse ins Grab mitgegeben.
Es war der dritte bedeutende norwegische Fund eines Schiffsgrabs nach dem Tuneschiff im Jahr 1867 und dem Gokstadschiff 1870. Das Oseberg-Schiff wurde im Vikingskipshus in Oslo ausgestellt, das zurzeit neu gebaut und frühestens 2025 neu eröffnet wird.

Detail am Oseberg-Schiff. Urheber: Karamell (s.u,)

Das Oseberg-Schiff

Oseberg-Schiff wurde etwa um 820 erbaut – in diesem Jahr wurden jedenfalls die Eichen gefällt, aus denen das das Schiff gezimmert wurde. Es war 22 Meter lang, 5 Meter breit und prächtig verziert. 30 Ruderer waren nötig, um das Schiff zu bewegen. Der Mast war 10 Meter hoch. Möglicherweise handelte es sich um eine königliche Yacht oder ein Zeremonialschiff. Es war mehrere Jahre im Gebrauch, aber von der Bauweise wohl nicht für längere Fahrten gedacht gewesen. So gab es beispielsweise keinen Stauraum unter den Planken, und die Ruderlöcher ließen sich nicht verschließen, was bei rauer See Wassereinbrüche zur Folge gehabt hätte. Vor der Beisetzung war das Schiff länger nicht verwendet worden – viele Riemen und der Mast wurden zum Zwecke der Beisetzung in aller Eile nachgefertigt und waren teilweise nicht fertig. Sie müssen also bereits gefehlt haben, was bei einem dauernden Gebrauch des Schiffes bis zuletzt ausgeschlossen ist.

Die bestatteten Frauen

In der Grabkammer hinter dem Mast fanden sich die Skelette von zwei Frauen. Eine der Frauen war im hohen Alter von 70 bis 80 Jahren an Krebs gestorben, die andere war etwa dreißig Jahre jünger und somit auch in einem für die damalige zeit fortgeschrittenen Alter. Beide Frauen trugen Kleider aus feingewebter Wolle. Zu den Grabbeigaben zählten unter anderem importierte Seiden aus dem östlichen Mittelmeerraum und Textilarbeiten. Aus der Reichhaltigkeit der Grabbeigaben und dem Aufwand, der bei dem Begräbnis offensichtlich betrieben wurde, ist ersichtlich, dass es sich um die Grabstätte einer sehr wichtigen Persönlichkeit handelte. Bei der älteren Frau könnte es sich um Königin Åsa aus dem Geschlecht der Ynglinger, die Mutter Halfdan des Schwarzen und Großmutter von Harald „Schönhaar“, handeln. Es ist nicht sicher, ob beide Frauen verwandt waren. Möglicherweise handelte es sich auch um bedeutende Priesterinnen. Ursprünglich wurde angenommen, dass es sich bei der jüngeren Frau um eine geopferte Sklavin analog des Reiseberichts von Ibn Fadlan gehandelt haben könnte. Für diese These wurden bisher jedoch keine Belege gefunden.

Im Grab fanden sich traditionell eher Männern zugeordnete Grabbeigaben wie Zaumzeug. Da die Archäologie sehr lange rein aus männlicher Sicht betrachtet wurde, galt es lange als unwahrscheinlich, dass Frauen ebenfalls solche Grabbeigaben erhalten haben könnten. Deswegen wurden Überlegungen angestellt, dass eventuell auch ein Mann bestattet werden sollte, dessen sterbliche Überreste vor der Schließung des Grabes wieder entfernt wurden, um andernorts beigesetzt zu werden. Was genau der Fall war, lässt sich heute nicht mehr sagen.

Weitere reiche Grabbeigaben

Zusätzlich zu den bei den Skeletten gefundenen persönlichen Gegenständen wurden die Grabbeigaben neben der Grabkammer im Schiff abgelegt. Dazu gehörten vier reich verzierte Schlitten, ein vierrädriger Wagen mit kunstvollen Schnitzereien (der bisher einzige Fund eines Wagens aus der Wikingerzeit), Pfosten mit Tierköpfen und hölzerne Truhen, sowie Landwirtschafts- und Haushaltsgeräte. Auch wollene Kleidung, Seide und schmale Bildteppiche lag im Grab. Dazu wurde eine 107 Zentimeter lange Holztrompete gefunden, die wie das Alphorn aus zwei Halbschalen angefertigt war.

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Quellenangaben zu den Bildern

Oseberg-Schiff

https://de.wikipedia.org/wiki/Oseberg-Schiff#/media/Datei:Osebergskipet_2016.jpg, Petter Ulleland CC BY-SA 4.0, Bild leicht aufgehellt

Detail am Oseberg-Schiff. Urheber: Karamell. Originalbild wurde zugeschnitten https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Osebergskipet-Detail.jpg